Inspirierende und gesegnete Ermächtigungen
Nov 29, 2024
Als der Ehrwürdige Atisha nach Tibet kam, ging er zuerst nach Ngari, wo er zwei Jahre blieb und Jang Chub Ös Schülern viele Unterweisungen gab.
Nach dieser Zeit beschloss er nach Indien zurückzukehren und Jang Chub Ö bat ihn vor seiner Abreise um eine letzte Unterweisung.
Atisha erwiderte, er habe ihnen bereits alle notwendigen Ratschläge gegeben. Doch Jang Chub Ö bat so beharrlich, dass Atisha der Bitte nachkam und folgenden Rat gab:
Wie wunderbar!
Freunde, da ihr bereits großes Wissen und ein klares Verständnis habt, während ich unbedeutend bin und wenig Weisheit habe, ist es nicht angemessen, dass ihr mich um Rat fragt. Weil ihr, liebe Freunde, die ich von ganzem Herzen schätze, mich aber gebeten habt, gebe ich euch diesen essen- ziellen Rat aus meinem minderen und kindischen Geist.
Freunde, bis ihr Erleuchtung erlangt, ist der spirituelle Lehrer unentbehrlich. Verlasst euch deshalb auf den heiligen spirituellen Meister.
Bis ihr die endgültige Wahrheit verwirklicht, ist Zuhören unentbehrlich. Hört deshalb den Unterweisungen des spirituellen Meisters zu.
Da ihr nicht allein durch Verstehen des Dharmas ein Buddha werden könnt, praktiziert ernsthaft und mit Verständnis.
Meidet Orte, die euren Geist stören und weilt stets dort, wo sich eure Tugenden vermehren.
Bis ihr tragfähige Verwirklichungen erlangt habt, sind weltliche Vergnügungen schädlich. Verweilt deshalb an einem Ort, wo es keine solchen Ablenkungen gibt.
Meidet Freunde, mit denen eure Verblendungen zunehmen, und verlasst euch auf diejenigen, die eure Tugend vergrößern. Das solltet ihr euch zu Herzen nehmen.
Da weltliche Tätigkeiten niemals ein Ende nehmen, solltet ihr euer Tun beschränken.
Widmet stets Tag und Nacht eure Tugenden und beobachtet ständig euren Geist.
Da ihr Rat erhalten habt, handelt, wann immer ihr nicht meditiert, stets in Ãœbereinstimmung mit dem, was euer spiritueller Meister sagt.
Wenn ihr mit großer Hingabe übt, werden sich sogleich Erfolge einstellen, ohne dass ihr lange warten müsst.
Wenn ihr von ganzem Herzen in Übereinstimmung mit dem Dharma übt, dann wird es euch nie an Nahrung oder anderen Besitztümern mangeln.
Freunde, die Dinge, die ihr begehrt, geben euch so wenig Befriedigung wie das Trinken von Salzwasser. Deshalb übt euch in Zufriedenheit.
Vermeidet jeden Hochmut, Dünkel, Stolz und Anmaßung. Seid stets friedvoll und fügsam.
Vermeidet Tätigkeiten, die als lobenswert gelten, in Wirklichkeit aber Hindernisse für Dharma sind.
Profit und Respekt sind die Schlingen der Maras. Fegt sie deshalb hinweg wie Geröll auf dem Weg.
Lobende Worte und Ruhm sind nur dazu da uns zu verführen. Schnäuzt sie deshalb fort, wie ihr eure Nase schnäuzen würdet.
Da das Glück, die Vergnügen und Freunde, die ihr in diesem Leben gewinnt, nur einen kurzen Moment andauern, lasst all das hinter euch.
Da die künftigen Leben sehr lange dauern, häuft Reichtümer an, die für die Zukunft vorsorgen.
Wenn ihr geht, müsst ihr alles zurücklassen. Haftet deshalb an nicht dem Geringsten.
Erzeugt Mitgefühl für niedere Wesen und vermeidet es vor allem, sie zu verachten oder zu demütigen.
Hegt keinen Hass gegen Feinde und keine Anhaftung an Freunde.
Seid nicht neidisch auf die guten Eigenschaften anderer, sondern macht sie aus Bewunderung zu euren eigenen.
Sucht nicht bei anderen nach Fehlern, sondern sucht nach euren eigenen Fehlern und reinigt sie wie schlechtes Blut.
Denkt nicht über eure eigenen guten Eigenschaften nach, sondern denkt über die guten Eigenschaften der anderen nach und achtet jeden wie ein Diener es tut.
Seht alle Lebewesen als euren Vater oder eure Mutter an und liebt sie, als ob ihr ihr Kind wärt.
Zeigt immer ein lächelndes Gesicht. Bewahrt jederzeit einen liebevollen Geist. Und sprecht wahrheitsgemäß, ohne Bosheit.
Redet ihr zu viel und mit wenig Sinn, begeht ihr Fehler. Sprecht daher mit Maß und nur, wenn es nötig ist.
Wenn ihr vielen sinnlosen Tätigkeiten nachgeht, werden eure tugendhaften Tätigkeiten degenerieren. Unterlasst deshalb Tätigkeiten, die nicht spirituell sind.
Es ist absolut sinnlos, Energie in Tätigkeiten zu investieren, die keine Essenz haben.
Wenn die Dinge, die ihr euch wünscht, nicht eintreten, so geschieht dies aufgrund von Karma, das vor langer Zeit erschaffen wurde. Bewahrt deshalb einen glücklichen und entspannten Geist.
Nehmt euch in Acht: Ein heiliges Wesen zu beleidigen ist schlimmer als Sterben. Seid deshalb ehrlich und offen.
Da alles Glück und Leiden dieses Lebens aus früheren Handlungen entsteht, gebt nicht anderen die Schuld.
Alles Glück entsteht aus den Segnungen eures spirituellen Meisters. Erwidert deshalb stets seine Güte.
Da ihr den Geist anderer nicht zähmen könnt, solange ihr nicht euren eigenen gezähmt habt, beginnt mit der Zähmung eures eigenen Geistes.
Da ihr mit Sicherheit ohne den Reichtum, den ihr angesammelt habt, von hier scheiden müsst, sammelt nicht um des Reichtums willen Negativität an.
Ablenkende Vergnügen haben keine Essenz, praktiziert des- halb aufrichtig Geben.
Haltet immer reine moralische Disziplin, denn sie führt zu Schönheit in diesem Leben und zu Glück in der Zukunft.
Da Hass in diesen unreinen Zeiten weit verbreitet ist, legt die Rüstung der Geduld an, frei von Wut.
Durch die Kraft der Faulheit bleibt ihr in Samsara. Entfacht deshalb das Feuer des Bemühens der Anwendung.
Indem wir Ablenkungen frönen, verschwenden wir unser menschliches Leben. Daher ist jetzt die Zeit Konzentration zu üben.
Wenn ihr unter dem Einfluss falscher Sichtweisen steht, erkennt ihr die endgültige Natur der Dinge nicht. Deshalb untersucht korrekte Bedeutungen.
Freunde, in diesem Sumpf von Samsara gibt es kein Glück. Begebt euch deshalb auf den festen Boden der Befreiung.
Meditiert gemäß dem Rat eures spirituellen Meisters und trocknet den Fluss samsarischen Leidens aus.
Denkt gut über all dies nach, denn es sind nicht bloß Worte aus dem Mund, sondern aufrichtige Ratschläge aus dem Herzen.
Praktiziert ihr auf diese Weise, dann werdet ihr mich erfreuen und euch selbst und anderen Glück schenken.
Ich, der unwissend ist, bitte euch, nehmt euch diesen Rat zu Herzen.
Diesen Rat gab der Ehrwürdige Atisha, das heilige Wesen, dem Ehrwürdigen Jang Chub Ö.
Übersetzung © Geshe Kelsang Gyatso & Neue Kadampa Tradition