Warum Tantra praktizieren?

Es wird oft gesagt, dass der Pfad der Tantras dem Pfad der Sutras überlegen ist. Um zu verstehen, wieso es sich so verhält, müssen wir sowohl Sutra als auch Tantra genau studieren; ansonsten werden unsere Aussagen über die Überlegenheit von Tantra bloß leere Worte bleiben.

Wenn wir außerdem weder Sutra noch Tantra gut studieren, werden wir Schwierigkeiten haben zu verstehen, wie die Vereinigung von Sutra und Tantra praktiziert wird, und dann wird große Gefahr bestehen, dass wir entweder die Praxis von Tantra ablehnen oder die Praxis von Sutra vernachlässigen.

Die Lehren des Tantras, die manchmal auch als Geheimes Mantra bezeichnet werden, sind die seltensten und kostbarsten Unterweisungen unter Buddhas Lehren. Nur durch das Befolgen des Pfades des Geheimen Mantras können wir Erleuchtung oder Buddhaschaft erlangen.

Wieso können wir volle Erleuchtung nicht durch die alleinige Praxis der Sutra ­Pfade erlangen? Dafür gibt es zwei hauptsächliche Gründe. Der erste Grund ist, dass wir für die Erlangung der Buddhaschaft sowohl den Wahrheitskörper als auch den Formkörper eines Buddha vollenden müssen.

Obwohl Sutra ­Unterweisungen eine allgemeine Erklärung geben, wie diese zwei Körper in Abhängigkeit von den Stufen des Pfades der Weisheit und Methode vollendet werden, geben sie keine genauen Erklärungen der eigentlichen unmittelbaren substantiellen Ursachen dieser zwei Körper. Die unmittelbare substantielle Ursache des Wahrheitskörpers ist das Sinnklare Licht, und die unmittelbare substantielle Ursache des Formkörpers ist der Illusorische Körper. Diese werden nur im Geheimen Mantra erklärt.

Der zweite Grund, weshalb die Sutra ­Pfade uns nicht zur vollen Erleuchtung führen können, ist der, dass die Sutra ­Unterweisungen keine Methoden darlegen, um die sehr subtilen Behinderungen zur Allwissenheit zu überwinden ­ dies sind die subtilen dualistischen Erscheinungen, die mit dem Geist der Weißen Erscheinung, der Roten Vermehrung und der Schwarzen Nah-­Erlangung verbunden sind.

Diese drei Geisteszustände manifestieren sich, wenn sich unsere inneren Winde während des Schlafes, während des Todesprozesses oder während der Vollendungsstufen ­Meditation innerhalb des Zentralkanals auflösen.

Obwohl diese Geisteszustände subtile Geisteszustände sind, sind sie trotzdem verunreinigte Geisteszustände, weil ihre Objekte ­ die Erscheinung des Raumes durchdrungen von weißem Licht, die Erscheinung des Raumes durchdrungen von rotem Licht und die Erscheinung des Raumes durchdrungen von Dunkelheit ­ als inhärent existierend erscheinen.

Diese Erscheinungen von inhärenter Existenz sind subtile dualistische Erscheinungen und sehr subtile Behinderungen zur Allwissenheit. Weil Sutra ­Unterweisungen keine Erklärung geben, wie der subtile Geist der Weißen Erscheinung, der Roten Vermehrung und der Schwarzen Nah-­Erlangung erkannt werden, sind Sutra ­Bodhisattvas noch nicht einmal fähig, die mit ihnen verbundenen subtilen dualistischen Erscheinungen zu erkennen, geschweige denn, sie aufzugeben.

Im Allgemeinen ist dualistische Erscheinung die Erscheinung eines Geistes von sowohl Objekt als auch seiner inhärenten Existenz. Alle Lebewesen ­ mit Ausnahme des erhabenen Gewahrseins des meditativen Gleichgewichts von Höheren Wesen ­ haben diese Erscheinung in ihrem Geist.

Eine direkte Verwirklichung der Leerheit mit einem groben Geist hat nicht die Kraft, die subtilen dualistischen Erscheinungen zu überwinden, die mit dem Geist der Weißen Erscheinung, der Roten Vermehrung und der Schwarzen Nah-­Erlangung verbunden sind.

Die einzige Methode, diese subtilen dualistischen Erscheinungen aufzugeben, ist Leerheit unmittelbar mit einem sehr subtilen Geist des Klaren Lichtes zu verwirklichen. Da die Methoden für das Hervorbringen und Verwenden des sehr subtilen Geistes des Klaren Lichtes nur im Geheimen Mantra erläutert werden, muss jeder, der Buddhaschaft erlangen will, mit Sicherheit in diesen Pfad eintreten.

Mehr Informationen finden Sie in “Tantrische Ebenen und Pfade” und in “Klares Licht der Glückseligkeit”.